Erarbeitet und zusammengestellt von Rudolf Baumgärtel im Jahre 1988
eigene Anmerkungen sind grau hinterlegt
Immer wieder hört man Redewendungen wie: "Das waren noch Zeiten" oder "die guten, alten Zeiten". Und doch wird bei näherer Überlegung wohl kaum jemand den Wunsch haben, in diesem "Zeiten" gelebt zu haben. Natürlich waren Nervosität und Hektik damals seltene Erscheinungen, und unter Stress werden nur wenige gelitten haben. Aber dass das Leben damals immer geruhsam und friedlich abgelaufen sei, wird niemand behaupten wollen. Und wenn wir an die durchschnittliche Lebenserwartung früher und heute denken, so wird augenfällig, dass Krankheiten früher viel lebensbedrohender waren als heute.
Krankheiten und Kriege, das waren Ereignisse, die der Bevölkerung unseres im 12. Jhdt. besiedelten Gebietes bald Schwierigkeiten brachten. Vor allem war es eine Seuche, von deren Wüten wir aus den verschiedensten Urkunden, vor allem aus den Kirchenbüchern und den sonstigen Aufzeichnungen der Geistlichen immer wieder erfahren - die Pest. So werden von Mitte bis Ende des 14. Jahrhunderts 6 Jahre direkt als Pestjahre bezeichnet (1349, 1352, 1353, 1373, 1384 und 1335), dann wieder von Mitte bis Ende des 16. Jhdts. (1552, 1580, 1586 und 1590) und natürlich die erste Hälfte des 17. Jhdts., in der die Pest durch die im Lande umherziehenden Truppen verschleppt wurde und wo sie in der durch den Krieg geschwächten und dezimierten Bevölkerung besonders grassieren konnte (1612, 1625, 1633 uni 1644). Da man schon damals die Pest als äußerst ansteckende Krankheit erkannt hatte (ohne die genauen Ursachen dafür zu kennen), hütete man sich besonders auch vor den an der Pest Gestorbenen. Sie wurden auf
Pestfriedhöfen außerhalb des Ortes begraben. So wurde ein solcher 1625 für die Burkhardtsdorfer und Kemtauer Pesttoten östlich vom unteren Teil des Zöpfelsteiges angelegt, da der Friedhof an der Kirche für die vielen Toten ohnehin zu klein wurde. Erst 1885 wurde dieser Pestfriedhof wieder eingeebnet.
1633 wurden die "Kempter unfiscierten Leichen" auf Weißbachs "abgesonderten Gottesacker" - zwischen Oberdittersdorf und Oberweißbach gelegen - beigesetzt. "Solche Leut müssen was sonderliches haben" bemerkt der damalige Pfarrer im Kirchenbuch. Wie groß die Angst vor der Ansteckung war, beweist auch eine weitere Eintragung. Während des Pestjahres 1626 mussten "die Kempter uf Befehl Ihres Junkers über 16 Wochen sich unserer Kirch entäussern“ schrieb der Burkhardtsdorfer Pfarrer. Allerdings drückt diese Maßnahme wohl nicht nur Sorge um die Menschen aus, sondern es ging um die eigene Gesundheit und darum, genügend Arbeitskräfte im Frondienst zu behalten. Umgekehrt kamen die Eibenberger Einwohner nach Burkhardtsdorf zur Kirche, wenn Harthau durch die Pest verseucht war. Aber noch 1684 forderte gerade in Eibenberg die Pest zahlreiche Opfer.
Die größten Verluste für die Bevölkerung unserer Heimat und damit auch für unseren Ort brachten aber die Kriege, vor allem der 30-jährige Krieg von 1618 bis 1648.
Doch schon etwa 200 Jahre vorher hatte es kriegerische Ereignisse in unserem Gebiet gegeben. Sie waren verursacht durch das Eindringen des Hussitenheeres aus Böhmen ins Erzgebirge, als diese die gegen sie eingesetzten Ritterheere vertrieben. Von diesen Hussiteneinfällen zwischen 1425 und 1436 berichtet eine Chemnitzer Chronik, dass dabei "die Vorstädte abgebrannt, alles in der Gegend herum verwüstet und schreckliche Grausamkeiten verübt" wurden. Vielfach konnten wohl die Bewohner auch unseres Ortes sich, ihr Vieh und ihre sonstige Habe in den umliegenden dichten Wäldern in Sicherheit bringen, denn die Hussiten hielten sich infolge der Armut und Menschenleere des Gebirges hier nicht lange auf (1).
100 Jahre später wirkten die Bauernunruhen des Jahres 1525, die in Süddeutschland begonnen hatten, bis in unseren Raum. Der Erzgebirgschronist Christian Lehmann berichtet in seiner "Erzgebirgischen Kriegschronik" (2) "... da standen auch die Bauern hiesiger Gegend auf und ... verjagten die Pfarrer und die vom Adel ...." (siehe hier).
Während bei den eben dargestellten Ereignissen unsere Gegend zwar betroffen war, unser Ort aber nicht besonders erwähnt wird, gibt es aus der Zeit des 30-jährigen Krieges vor allem in den Kirchenbüchern verschiedene Eintragungen, die auf das Elend der damaligen Zeit auch in Kemtau hinweisen. Zwar verliefen die ersten Kriegsjahre für unseren Ort noch verhältnismäßig ruhig, aber von etwa 1632 ab begann die Leidenszeit bei den Durchzügen der Söldner des Generals Holk.
1635 haben sie "ein Schon neu Messgewand, das einen gelb seitenen Atlassenboden mit blau genödelten sammet hatte, aus des Kirchvaters Clement Uhlig zur Kemta hause weggerissen, samt anderen Zubehör". Möglicherweise geschah das in dessen Abwesenheit, dann oftmals versteckten sich die Einwohner wie schon während der Hussitenkriege in den dichten Wäldern um den Ort. Oder sie suchten Zuflucht in dem befestigten Hause des Rittergutes in Dittersdorf, wie folgende Taufbucheintragung zeigt: "1643, 13. Oktober 14 Tage nach Michaelis ist zu Dittersdorff auffn Forberg bey wehrender kriegerischer Unsicherheit geboren und getauft daniel, ein Sohn Hans Grebners Leineweber zur Kempt“.
Wenig Urkundliches, unsere nächste Heimat betreffend, über den 7-jährigen Krieg (1755 bis 1763) und die weiteren schlesischen Kriege bekannt, vor allem deswegen, weil die Kriegswirren dieser Zeit sich weiter ostwärts abspielten.
"Da verlegte am 31. Juli 1762 der preußische Oberst von Billerbeck sein Quartier nach Chemnitz. Ihm unterstand die Eintreibung sämtlicher Kontributionen und Lieferungen im ganzen erzgebirgischen Kreis. Es war ein grausamer, harter und desperater Mann, der sich aber zu dieser Sache sehr wohl schickte."
"Billerbeck, forderte die Bürgerschaft von Chemnitz aufs Rathaus, um ihnen zu eröffnen: Sämtliche Soldaten müssten von ihren Wirten vollständige Beköstigung erhalten, nämlich jeder Mann täglich 2 Pfund Brot, Sonntags, Dienstags und Freitags 1 Pfund Fleisch, jeden übrigen Tag aber Gemüse, ferner 1 Kanne Bier und früh für 6 Pfennige Branntwein nebst Butter und Brot."
"Besonders hart geplagt war die nähere und entferntere Umgebung der Stadt, wie überhaupt das ganze Erzgebirge. Rücksichtslos schlugen sie in Ritter- und Bauerngütern Scheuern und Böden auf, nahmen mit Gewalt Hafer, Heu, Stroh und Lebensmittel, trieben das Vieh im Menge zusammen und nötigten die Bauern obendrein, selber alles zu befördern. Immer, wenn die Bauern mit ihren Wagen eintrafen, gingen die Offiziere herum und nahmen sich überall die guten Pferde weg."(3)
Auch in den Eroberungsfeldzügen Napoleons blieb unser Gebiet von militärischen Kampfhandlungen verschont, aber umso mehr machten sich dann die Befreiungskämpfe des Jahres 1813 in der Vorbereitung auf die Völkerschlacht von Leipzig bemerkbar. So müssen russische Truppen in unserem Ort kampiert haben, dann bei einem Hochwasser mit Überschwemmung Ausspülung des Gemeindeteiches fand man dort 1882 viele Hufeisen von Kosakenpferden, da dort angeblich eine Schmiede gestanden haben soll. Aber auch Burkhardtsdorf hatte "Einquartierung", denn es gab beim Durchmarsch der Truppen dort keinen Branntwein mehr, und die Burkhardtsdorfer mussten sich einen halben "Eimer" aus Kemtau besorgen.
An 6. 10. 1813 fuhren 100 österreichische Wagen über Kemtau nach Heinersdorf, 3 Tage später nochmals 5 den gleichen Weg und 5 Tage später 2 in umgekehrter Richtung mit gefangenen Franzosen, dabei Kosaken als Bewachung. Und vom 16. 10. wird berichtet, dass "die Kanonade der Völkerschlacht von Leipzig in den Zimmers hörbar" ist.
Wie der Krieg die Einwohner Kemtaus auch finanziell belastete, zeigt ein Eintrag in der Gemeinderechnung von 1820: "1 Taler dem Gemeindevorstand Looß für ... rückständigen Kriegsaufwand der Restanten". Bis 7 Jahre nach Kriegsende hatte Looß also noch Kriegskontributionen auslegen müssen.
Zwar fanden die deutschen Eroberungskriege von 1870/71 und der 1. Weltkrieg weit entfernt von unserer Heimat statt, aber Opfer waren doch zu verzeichnen. 1914 z.B. wurden 86 Männer eingezogen, davon fielen 6, 11 wurden vermisst, d.h. sie sind ebenfalls umgekommen. Und die Opfer des Hitlerkrieges 1939/45 waren nicht nur die Toten auf den Schlachtfeldern, sondern auch die durch den Bombenterror zugrunde gegangenen.
Von den anglo-amerikanischen Bombenangriffen der letzten Kriegsmonate war auch Kemtau betroffen. Bei der Bombardierung der Stadt Chemnitz lag unser Ort im Anflugbereich, und in der Nacht vom 13. zum 14. 2. 1945 richteten Spreng- und vor allem Brandbomben erhebliche Schäden an. 3 Gebäude wurden durch Brände vollkommen zerstört, nämlich des Haus Gelenauer Straße 45 von Willi Hartwig, das später neu aufgebaut wurde, das Nietzoldhaus an der Abzweigung des Südwegs von der Gelenauer Straße, das nicht mehr aufgebaut wurde, und "Böhms Gaststätte" mit Turnhalle an der Ecke Zwönitztal-Gelenauer Straße, für die es auch keinen Wiederaufbau gab.
Schwer beschädigt wurde auch die Strumpffabrik von Franz Pfau an der Burkhardtsdorfer Straße, von der die beiden oberen Stockwerke vollkommen ausbrannten, und die auch nicht wieder aufgesetzt wurden, so dass die heutige Fabrik nur ein Torso ist.
Dachstähle brannten auch aus am Reinhardthaus auf der Zwönitztalstraße (neben "Böhm-Hermann") und am Haus Ecke Burkhardtsdorfer Straße - Waldweg ("Kaffeemühle"), die aber später wieder erneuert werden konnten.
Daneben gab es noch viele kleine Schäden an Gebäuden, vor allem durch die Wirkung der Sprengbomben, die zum Glück nicht die Häuser selbst trafen, sondern nur in unmittelbarer Nähe des Ortes niedergingen und deren Sprengtrichter noch lange zu sehen waren.
(Die gesamte Zeit des Faschismus in unserem Ort bedarf wohl einer gesonderten Darstellung).
Kriege und Seuchen forderten große Menschenopfer, aber fast ebenso grausam wütete der Hunger im Erzgebirge. Immer wieder wird in den Chroniken von Hungerjahren gesprochen. Die Erzeugnisse der Landwirtschaft reichten ja meist gerade nur für den persönlichen und örtlichen Bedarf, denn die klimatischen und die Bodenverhältnisse waren für eine größere Vorratswirtschaft nicht günstig.
Ein Aufkauf von Nahrungsmitteln in anderen Landesteilen war praktisch kaum möglich. Und wenn dann mehrere Jahre hintereinander wegen der ungünstigen Witterung die Ernte ungenügend war wie etwa seit 1770, denn brach die Hungersnot auch über Kemtau herein. So weist die Gemeinderechnung schon 1764 einen Betrag von 3 Gulden 11 Groschen 9 Pfennig "allerhand Armen bezahlet" aus. (siehe auch hier)
Kaum hatte sich der Ort nach den Jahren 1771/72 etwas erholt, gab es 1789 erneut eine Hungersnot, bedingt durch ungünstige Witterung. Um die verteuerten Lebensmittel von anderswo zuzukaufen, fehlte, abgesehen vom mangelnden Angebot, das Geld, da der Feudalherr trotz der Missernten die von ihm geforderte Naturalienleistung verlangte, bzw. deren Ausgleich in Zinsgeld. Vor allem unter Kindern und alten Leuten hielt dann der Tod reiche Ernte. Auch 1816/17 waren wieder solche Hungerjahre. So kostete z.B. 1 Scheffel (etwa 105 Liter) Kartoffeln 5 Taler.
War es da ein Wunder, dass Halbverhungerte zum Mundraub griffen? Am 25. 9. 1817 noch wurden in Burkhardtsdorf 2 Frauen wegen Kartoffeldiebstahls an den Pranger gestellt. Um die Mitte des 19. Jhdts. wurde die Not wegen Nahrungsmittelmangels und Teuerung noch durch Arbeitslosigkeit verschärft.
Viele Häusler erwerben nämlich ihr Brot um diese Zeit als Leineweber oder Strumpfwirker, und da unter den kapitalistischen Arbeitsmarktverhältnissen eine gleichmäßige Beschäftigung nicht gewährleistet war, standen bei den geringsten Schwankungen des Marktes viele "Stühle" im Ort still, wie es Berichte aus den Jahren 1854/55 bezeugen.
Weniger Opfer forderten sicher die Naturkatastrophen, aber sie prägten sich durch ihre Gewalt, die die Menschen kaum einzudämmen vermochten, tief in des Gedächtnis ein und wurden deshalb oft überliefert.
Vor allem handelte es sich dabei um dabei um Hochwasser, obwohl in unserem Ort anfangs nur wenige Gebäude im Tal der Zwönitz lagen. Auch der Dorfbach und der Höllenbach konnten zu reißenden Fluten werden. Der erste Bericht darüber erzählt von einem Hochwasser der Zwönitz am Sonntag, den 3. 8. 1628. 6 1/2 m hoch überflutete die Zwönitz das Tal. 28 Tote hatte allein Burkhardtsdorf zu beklagen, und 2/3 des Bauholzes, das zu einer Erneuerung der Kirche bereit lag, wurde vom Hochwasser entführt. Erst um 1690 war dann wieder so viel Geld "gesammelt", dass die Kirche gebaut werden konnte. Dass bei diesem Hochwasser auch die "Hellmül" (heute Stiefelmühle) und die "Kemeter-mühl" (heute Kamerun) zu Schaden kamen, ist sicher, wenn auch nicht ausdrücklich bezeugt. Von einem weiteren Zwönitzhochwasser am 31. 7. 1858 erfahren wir durch einen Bericht des Pfarrers. Durch eine plötzliche Schneeschmelze, verbunden mit Regenwetter, gab es in den ersten Januartagen 1932 ein gefährliches Hochwasser der Zwönitz, bei dem einige Kemtauer Gebäude im Zwönitztal, vor allem "Vetters Hof", die Stiefelmühle und Kamerun in Mitleidenschaft gezogen und beschädigt wurden. Die gleichen Häuser hatten nochmals bei einem Sommerhochwasser vom 9. - 11. 7. 1954 zu leiden, das durch tagelange, ununterbrochene Regenfälle herbeigeführt wurde.
Die Überschwemmungen des Dorf- und des Höllenbaches entstanden meist durch wolkenbruchartige Unwetter über der Wasserscheide zwischen Zwönitz und Gelenauer Dorfbach, der Eisenstraße und dem Kemtauer Felsen. Am 14. 6. 1860 riss ein Hochwasser des Dorfbachs Löcher von 4 bis 6 m Tiefe in die Dorfstraße, und an den Wegen und Brücken entstanden Schäden in Höhe von 5000 Mark, eine für damalige Verhältnisse erhebliche Summe.
Bei einem Hochwasser des Höllenbaches am Pfingstmontag dem 30. 5. 1882 wurde die Brücke an der Dachsbergstraße nach Burkhardtsdorf weggerissen, wie der Schlussstein der noch im gleichen Jahr
wieder errichteten Straßenbrücke anzeigt.
Weniger katastrophal wirkten sich die Brände früherer Zeiten in Kemtau aus, da bei den weit auseinander stehenden Gehöften nur unter ungünstigen Bedingungen ein Übergreifen des Feuers erfolgte. Immerhin meldet die Chronik für unseren Ort zwischen 1801 und 1834 12 Brände. Und bei den damals primitiven Löscheinrichtungen gab es für die Gehöft- bzw. Hausbesitzer manchen großen Schaden. So brannte 1871 die gesamte Stiefelmühle ab, wurde 1872 wieder aufgebaut, aber noch im gleichen Jahr brannte die Scheune durch Blitzschlag erneut ab, wie überhaupt Blitzschläge immer wieder als Brandursache vorkommen. Denn der erste Blitzableiter in unserer Gegend wurde erst 1783 auf der Schäferwohnung des Rittergutes Neukirchen angebracht. So traf ein Blitz am 19. 7. 1737, an einem Sonntag, die Kirche von Burkhardtsdorf während des Gottesdienstes, wobei 2 Tote und 1 Verletzter zu beklagen waren.
Wenn Menschen durch besondere, aus dem Rahmen fallende Ereignisse zu Schaden kamen oder getötet wurden, dann war das immer auffällig und wurde irgendwie in den Chroniken, meist in den Kirchenbüchern festgehalten. So erfahren wir unter den 16. 10. 1678 dass "Christoph Roscher, Maurer und Schuster von Kemtau, 55 Jahre alt, im Lehngericht zu Leukersdorf von Christoph Clemm, Hans Clemms Sohn, unversehens mit einem Pistol in Arm und Herz geschossen wurde". Vielleicht handelte es sich dabei um den unvorsichtigen Umgang mit einer Waffe aus dem 30-jährigen Krieg.
Auf eine schreckliche Untat besonderer Art soll ein Stein neben der Haustür der Stiefelmühle eingelassen mit der eingehauenen Jahreszahl 1686 hinweisen, wie von Herrn Carl Stiefel, dem derzeitigen Besitzer der ehemaligen Sägemühle mündlich berichtet wurde. Damals wurde in einem der Kemtauer Güter, vielleicht im Lehngericht, eine große Hochzeit gefeiert. Fast das ganze Dorf war beteiligt. In der Stiefelmühle blieben nur eine Frau und ein 12-jähriger Junge zurück. Diese Gelegenheit benützten Räuber, um in die Mühle einzubrechen. Da sich die zwei Anwesenden wehrten, wurde der Junge zu Tode geschlagen. Die resolute Frau aber drängte den Räuber an eine offen stehende Truhe zwängte ihn darüber und schlug ihm mit dem schweren Deckel den Kopf ab. Die auf die Hilferufe herbeigeeilten Hochzeitsgäste werfen dann den Räuber in den Mühlgraben und ließen ihn übers Mühlrad hinweg im Graben fortspülen.
Am 21. 8. 1734 ritt Gottlieb Kretschmar, Knecht beim Bauern Christian Kunz in Kemtau mit den Pferden auf die Weide. Als er nicht zurückkehrte, suchte man nach ihm und fand ihn bei den Pferden tot auf, von denen ihn eins totgeschlagen hatte.
Auch der nächste "Fall" hängt wieder mit der Stiefelmühle zusammen. Ein Stiefbruder des Aumüllers (Stiefelmühle) mit Namen Friedrich Pilz, ein Mühlbursche, arbeitete in Burkhardtsdorf, wahrscheinlich in einer der dortigen Mühlen. Bei einem Besuch in der Aumühle stahl er "goldene Ketten, Uhren und Speciestaler im Werte von 200 Reichsthalern". Er wurde in Burkhardtsdorf gefasst, als Dieb entlarvt und am 9. 3. 1813 nach Neukirchen ins Gefängnis gebracht (Burkhardtsdorf unterstand dem Feudalherrn auf dem Neukirchner Rittergut).
Auch die Tollwut forderte schon in früheren Zeiten Opfer. Vom 19. 4. 1816 wird berichtet, dass eine Bauersfrau in Eibenberg durch den Biss eines tollen Hundes "wüthend" geworden ist.
Zum Schluss sei noch ein tragisches Geschehnis erwähnt. Am 23. 5. 1878 erhängte sich auf dem Oberboden in einem der “Höllenhäuser“ der Schulknabe Ernst Bruns Ullrich. Er hatte versucht, "das Hängen zu probieren".
(1) Aus Weissbachs Vergangenheit : Heimatkundliche Geschichtsbilder für Haus und Schule, Walter Leuschel, 1915
(2) Das sächsische Erzgebirge im Kriegsleid : Erzgebirgische Kriegschronik, Christian Lehmann, 1916
(3) Chemnitz im siebenjährigen Kriege, Dr. Paul Uhle, 1896