Im Winter das Ruscheln

Für den Fremden muss es ein besonderer Anblick sein, wenn er im Winter die obergebirgische Jugend auf kleinen für sie eingerichteten Schlitten von hohen Bergen mit Pfeilesschnelle herunter fahren oder vielmehr gleiten sieht, welches man Ruscheln (es kommt dieses Wort vermutlich vom Rutschen her) nennt.

In großer Menge versammeln sich Knaben und Mädchen mit ihren kleinen Schlitten auf der Höhe eines Berges, wo nämlich ein wenig Bahn herab geht, setzen sich auf, geben sich einen Schwung und fliegen schnell den Berg herab; aber sie können sehr geschickt ihren Schlitten mit den Füßen lenken, ohne Schaden zu nehmen. freilich geht manchmal ein Unglück vor, aber selten, und welches Vergnügen auf dieser Erde ist nicht mit Gefahr und Unglück immer verknüpft?


Es gab nicht nur Begeisterung für's Ruscheln...
Es gab nicht nur Begeisterung für's Ruscheln...

Manche, damit es noch schneller geht, lassen ihren Schlitten sogar mit glattem Stahle an den Kufen belegen. Man sieht hieraus, daß an keine Gefahr gedacht wird. Auch macht man in die Ruschelbahn bisweilen, ja gewöhnlich Vertiefungen, damit der Schlitten hier einen neuen Schwung erhält, hoch springt und weit schneller hinab fliegt. Ich habe es sogar gesehen, daß Knaben auf Schlittschuhen die spiegelglatte Bahn eines Berges herab fuhren, ohne zu fallen oder zu wanken. Kälte und Schnee wird gar nicht geachtet, ohne Handschuhe, ja auch barfüßig oft, ergötzt man sich durch das Ruscheln. Manchmal versiehts einer und wirft auf der Hälfte des Weges um, daß er in den Schnee purzelt und der Schlitten allein den Berg herab fliegt: darüber lachen ihn die Anderen entsetzlich aus, aber der kleine Schneemann steht gelassen wieder auf, holt sich seinen Schlitten wieder und ruschelt nun vorsichtiger.

Abends beim Mondscheine ruscheln auch die erwachsenen jungen Leute auf größeren Schlitten, Handschlitten genannt. Dabei sind oft auch erwachsene Mädchen und eine junge Mannsperson hat dann immer drei bis vier derselben hinter sich auf dem Schlitten, nimmt sich zusammen, daß er nicht umwirft und erhält zur Belohnung dann am Ende von jeder ein Küßchen.

Durch dieses Ruscheln erhält der Körper Geschmeidigkeit, wird abgehärtet und fest, so lernt der Knabe Unerschrockenheit und Geistesgegenwart, Mut und Vorsicht und verabscheut jede kleinliche Furcht vor Gefahr. Deshalb lassen die meisten Eltern unverwehrt und gern ihre Kinder ruscheln.

Schneehäuser, Schneemänner und Lawinen

Im Winter vergnügt man sich auch gewöhnlich durch dem Schnee selbst. So macht man kleine Schneeballen und setzt daraus hohe pyramidenförmige Häuschen zusammen, worein man abends ein brennendes Licht setzt. Dieses sieht nun prächtig aus, vorzüglich in der Ferne, daß man gar nicht weiß, wofür man es halten soll; denn die Schneeballen an und für sich sind erleuchtet und durch Lücken strahlt übrigens noch der helle Schein hindurch.

Ferner formt man aus dem Schnee große, menschliche Figuren, welche man bemalt und mit einem ausgehöhlten, bunt durchsichtigen Kürbisse statt des Kopfes ziert, in welchem ebenfalls des Abends ein brennendes Licht gesetzt wird. Damit macht man sich nun viel Spaß. Auch häuft man von Schnee einen Berg auf, in welchen man Höhlen und Ausgänge bildet. - Wenn es taut und der Schnee sich ballt oder vielmehr ballen läßt, geht man auf hohe, steile Berge, macht einen großen Ball und läßt ihn auf der Oberfläche des Schnee's hinunter rollen. Je weiter dieser nun rollt, desto größer wird er und stürzt sich als Lawine dann mit Pfeilesschnelle hinab ins Tal, wodurch aber bisweilen eine ganze Strecke Weges oft verschüttet wird. Solche Lawinen rollen sich häufig auch selbst die Berge herab, aber die Größe und den Schaden haben und tun sie nicht, wie ihre gigantischen Brüder in den Schweizergebirgen. In den Wäldern jedoch tun sie durch Umknicken junger Bäume manchen Schaden.